Fragen gehört zum Glauben (Mk 9,30-37) 25. Sonntag im Jahreskreis B

Was für ein Gegensatz: Auf der einen Seite die Jünger, die untereinander prahlen, wer der größte von Ihnen sei, die vielleicht sogar wetteifern, wer Jesu Führungsrolle einnimmt, wenn er nicht mehr unter den Menschen ist – auf der anderen Seite dieselben Jünger, die irritiert sind von Jesu Botschaft, die nicht verstehen, was er ihnen sagen will – die sich aber nicht zu fragen trauen.

Zu feige, um zu fragen. Weil sie damit ja eine ganz einfache menschliche Schwäche zeigen könnten. Sie haben es nicht verstanden. Das mit Jesus und dem Leiden und dem Auferstehen. Und dass sie niemandem etwas davon erzählen sollen. Tja, liebe Jünger: Wer ist der größte unter denen, die sich nicht trauen?

Sind uns Fragen peinlich?

Dabei ist dieses Sich-nicht-fragen-trauen ein Gefühl, dass viele Menschen kennen. Auch und gerade als Erwachsene. Irgendwas habe ich hier nicht verstanden, aber ich zeige das lieber nicht. Das ist doch peinlich. Bloß nicht fragen, bloß kein schlechtes Bild abgeben. Keine Schwäche zeigen, lieber den starken Mann geben und den Allwissenden spielen. Doch allwissend ist nur einer: Gott.

Warum machen das die Jünger? Warum mache ich das so? Weil es mir peinlich ist? Weil ich das Gefühl habe, ich kann etwas nicht, ich genüge vielleicht nicht den Ansprüchen – weder den eigenen noch denen der anderen? Vielleicht fürchte ich, dass andere über mich lachen. Ich fühle mich hilflos – und darum markiere ich den starken Helden.

Jesus stellt diesem Gedanken im wahrsten Sinne des Wortes ein Kind entgegen. Ein Kind, von dem viele vielleicht meinen, es sei noch nicht reif genug, es sei schwach und hilflos, es müsse sich nach Regeln unserer Welt richten, jedenfalls ist es noch nicht erwachsen. Ein Kind ist kein Jünger.

Aber wer Kinder großgezogen hat, weiß: sie fragen. Ganz im Gegensatz zu den Jüngern. Sie trauen sich zu fragen. Es gibt eine Phase in der Entwicklung eines jeden Kindes, da fragen sie einem Löcher in den Bauch. Warum gehen wir in die Kirche? Weil wir gemeinsam unseren Glauben feiern. Warum? Weil wir damit an Jesus erinnern. Warum? Weil… Warum? … Viele von Ihnen kennen das. Und wie oft sagen Erwachsene dann: Jetzt frag halt nicht dauernd. Oder bei Fragen, die uns peinlich sind oder die wir für unpassend, für zu persönlich oder nicht gerechtfertigt halten: „Pst… so etwas fragt man nicht.“ Und so gewöhnen wir unseren Kindern und damit uns selbst nach und nach das Fragen ab. Und stehen am Ende da wie die Jünger, die nichts verstehen vom Reich Gottes. Und die Unwissenheit durch Prahlerei übertünchen wollen.

Doch Jesus sagt: Nehmt dieses Kind auf. Ein Kind, das fragt, ein Kind, das noch interessiert ist an allem, das alles verstehen möchte. Seien wir ein bisschen wie die Kinder, seien wir offen und ehrlich und fragen wir. Denn Fragen gehört zum Glauben. Unser Glaube ist voll von Fragen. Glauben ist keine einfache Sache. Das dürfen wir uns eingestehen. Damit wird Glaube richtig menschlich.

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